FOP 2018

Frauenorchesterprojekt 2018

Vom 16. bis 18. März 2018 wurden unter der Leitung von Mary Ellen Kitchens diese Werke einstudiert und mit einem Werkstattkonzert rund 200 Gästen vorgestellt:

  • Elfrida Andrée (1841 – 1929, Schweden)
    • Vorspiel aus der „Fritiof“-Suite (1898)
  • Ethel Smyth (1858 – 1944, England)
    • Serenade D-Dur (1889), 4. Satz Finale-Allegro con brio
  • Vilma Weber von Webenau (1875 – 1953, Österreich)
    • Ouvertüre „Zum Goldenen Horn“(Entstehungszeit unbekannt)
  • Vítězslava Kaprálová (1915-1940, Tschechien)
    • Suita rustica, op. 19 (1938), (1. und 2. Satz)

Ausschreibung und Programmheft können Sie näher betrachten,
wenn Sie den jeweiligen Links folgen
bzw. dieses Foto als Link zum Konzertplakat nutzen …

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Frauenorchesterprojekt 2018 – Bericht einer Ersttäterin 

Kerstin Schilling berichtet über das FOP 2018

Ein Zufall bringt mich erstmals zum Frauenorchesterprojekt und ich erhalte noch einen Platz als Flötistin. Neugierig schaue ich auf das Programm. Die Komponistinnen sind mir kaum bekannt. Ethel Smyth war doch auch Suffragette? Aber wer ist Elfrieda Andrée? Wie um alles in der Welt spricht man Vítězslava Kaprálová aus? Eine Schönberg-Schülerin mit dem klangvollen Namen Vilma Weber von Webenau – was mag das wohl für eine Musik sein? Die Noten treffen ein und sind nicht ohne. Nur von zwei der Komponistinnen finde ich Aufnahmen, nun, ich werde mich überraschen lassen.
Als Bläserin darf ich etwas später starten, im großzügigen Gemeindesaal der Genezareth-Gemeinde empfängt mich die Streicherprobe mit kraftvollen Klängen von Ethel Smyth. Dann geht es gleich voll los, alle Stücke werden zum Kennenlernen durchgespielt, danach wechseln wir in Stimmproben. Es ist herausfordernd, knifflig, anstrengend – aber die Dirigentin Mary Ellen Kitchens und die Stimmführerinnen machen es uns leicht. Stück für Stück werden die Partituren auseinander genommen und wieder zu einem Ganzen zusammengesetzt.
Was bedeutet es aber, wenn über ein Werk nichts bekannt ist, so wie die Ouvertüre zu „Das Goldene Horn“ von Vilma Weber von Webenau. Wir wissen nicht, wann und zu welchem Anlass sie das Stück komponiert hat, ja nicht mal, ob es sich bei dem „Goldenen Horn“ um die berühmte Bucht am Bosporus handelt. Vor meinem inneren Auge erscheinen dicke Biographien von Männern, in denen ich zu jedem Werk nachlesen kann, warum und in welcher Stimmung welche Note wie und wann komponiert wurde…. Hier wissen wir nichts. Aber Mary Ellen Kitchens trägt uns mit klarer Analyse durch das Stück und beflügelt uns mit der Ankündigung, dass wir vermutlich gerade eine Uraufführung erarbeiten.
Dann wird es tschechisch. Mit wilden Rhythmen, Dissonanzen, wechselnden Takten und Tempi rauscht es durch den ersten Satz der „Suita rustica“ von Vítězslava Kaprálová. Wieder der Vergleich: in Dutzenden von (männlichen) Konzertprogrammen las ich Texte wie: „aus seiner Heimat“, „verarbeitet er Volksmelodien“ „seine böhmischen Wurzeln“, „geschickt setzt er die Folkore ein“ etc, etc.. Aber wieso ist diese Komponistin, die mit nur 25 Jahren verstarb und dennoch ein so reiches Werk hinterlassen hat, so wenig bekannt? Was, wenn sie länger gelebt und komponiert hätte, wäre sie international berühmter geworden? Und verdammt – diese „Suita Rustica“ ist herausfordernd, sperrig, schwierig zu fassen. Den ersten Satz bekommen wir einigermaßen hin, vom zweiten erhält das Publikum zusätzlich ein kleines Amuse-Gueule. Wie schön wäre es, noch mehr Zeit für diese Komposition zu haben.
Auch Elfrieda Andrée war eine zielstrebige und kraftvolle Frau. Ihr Vorspiel zur „Fritiof Suite“ wird mein persönlicher Favorit an diesem Wochenende. Jedes Instrument ist klug geführt, auch zweite und dritte Stimmen entwickeln Eigenleben und fügen sich mit anderen Instrumenten überraschend zusammen. Mary Ellen Kitchens hat das Stück „ausgegraben“ und setzen lassen. Zwei weitere Orchester haben die Noten bereits angefragt, wir sind also wahre Vorreiterinnen.
Kraftvoll starten wir unser Abschluss-Konzert am Sonntag mit dem Finale aus der „Serenade D-Dur“ von Ethel Smyth. Eine energiegeladene, unermüdliche Kämpferin und so klingt auch ihr Werk. Denn die Musik ist ebenfalls extrem anspruchsvoll und rast mit Hochgeschwindigkeit durch das Orchester.
Der Rest des Wochenendes? Eine großartige Organisation, alles läuft reibungslos, die Räume passen, Essen und Trinken – nicht zu unterschätzen – sind hervorragend. Beatrice Szameitat und ihre Mitstreiterinnen haben das Wochenende perfekt (und ehrenamtlich) vorbereitet.
Mary Ellen Kitchens bewältigt eine Mammut-Aufgabe: In weniger als 48 Stunden mit 60 Frauen, die noch nie zusammen musiziert haben, vier kolossale Werke auf die Bühne zu bringen! Das geht nur mit so viel kluger Kenntnis der Materie, ihrer Leidenschaft für die Sache und vor allem Geduld. Wenn wir auch zum wiederholten Mal eine Stelle schmeißen, freundlich-sanft erklärt sie uns nochmals die Einsätze, nie wird gemaßregelt, nur ab und an gibt es einen streng-lächelnden Blick; sie motiviert, begeistert und holt alles aus uns heraus. Auf dem Podium schneidet sie messerscharf die Achtel in die Luft, sticht die Einsätze und springt energievoll auf und ab – ein Traum von einem Dirigat.
Die Stimmung: großartig! Ob man sich kennt oder nicht, jede spricht mit jeder, es gibt Unterstützung und freundliche Worte und selbst bei der kritischen Auseinandersetzung am Samstagabend, bei der im Plenum Zukunftsfragen erörtert werden, ist die Stimmung trotz Erschöpfung aller freundlich und konstruktiv.

Als Überraschungszugabe spielen wir im Konzert den „March of The Women“ von Ethel Smyth, 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechtes genau das richtige Stück. Das Publikum singt begeistert mit. Wie selbstverständlich uns das heute erscheint und wie viel ist schon geschafft worden. Und dennoch – für uns Frauen in dieser heutigen Welt gilt es noch viel zu erreichen, über das Entdecken so phantastischer Komponistinnen hinaus.

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Frauenorchester Projekt (FOP) in Berlin vom 16.-18. Februar 2018

Blog von Ulrike Keil

Als mit der Wende zum 20. Jahrhundert zur Gründung von Frauenorchestern aufgerufen wurde, stand dahinter der Gedanke, gut ausgebildeten Musikerinnen eine existenzielle Grundlage zu sichern. Denn die Musikhochschulen öffneten sich zwar früher als die Universitäten weiblichen Studierenden, aber die Orchester waren nicht bereit Frauen in ihre Reihen aufzunehmen. Das 1899 von der Dirigentin, Pianistin und Komponistin Mary Wurm gegründete 1. Berliner Frauenorchester war so ein Vorzeigeprojekt, das erfolgreich in Berlin reüssierte, aber schon bald aus Mangel an finanzieller Unterstützung wieder aufgelöst wurde. Wie langwierig dieser Prozess der Gleichbehandlung noch wurde, macht das Beispiel der Wiener Philharmoniker deutlich, die erst 1997 ihre Ablehnung gegenüber weiblichen Mitspielern, auch aufgrund des öffentlichen Drucks, aufgaben.
Vor diesem Hintergrund wurde vor zwölf Jahren das Frauenorchester Projekt (FOP) in Berlin ins Leben gerufen. Allerdings geht es bei den jährlichen Treffen professioneller Musikerinnen und engagierter Laien aus ganz Deutschland heute darum, Werke von Komponistinnen kennen zu lernen.
Am letzten Wochenende fand zum zehnten Mal ein solches Treffen statt. Über sechzig Frauen an allen Instrumenten des Orchesters, einschließlich Tuba, Harfe und Kontrabass, unter der Leitung der Münchner Dirigentin und Musikwissenschaftlerin Mary Ellen Kitchens probten groß besetzte Werke der Spätromantik von Elfrida Andrée, Ethel Smyth, Vilma Weber von Webenau und Vítězslava Kaprálová.
So erklang, teils erstmals öffentlich, Musik, die (noch) nicht im Repertoire namhafter Orchester zu hören ist, die in Archiven schlummert, kaum verlegt ist und erst neu gesetzt werden muss. Doch das Interesse wächst. Mit ein Anliegen des Projekts ist es, das bereits erarbeitete Notenmaterial interessierten Orchestern zur Verfügung zu stellen. Beim abschließenden Werkstattkonzert am Sonntag Mittag im voll besetzten Gemeindesaal der Genezareth Kirche in Berlin, tobte das Publikum vor Begeisterung. Die fein dosierte Moderation Kitchens zum Leben der Komponistinnen, ihrer Musik und mit Einblick in die Probenarbeit des Orchesters tat ihr Übriges, dass die Besucher*innen berührt und mit dem Gefühl etwas ganz Besonderes gehört zu haben nach Hause gingen.
Elfrida Andrées (1841-1929) Vorspiel aus der „Fridjof“-Suite (1898) lässt die musikalische Nähe zu ihrem Lehrer Nils W. Gade erkennen. Aber sie verfremdet und ironisiert die Anklänge an die Volksmusik ihrer Heimat in ihrer reizend erzählten Episode. Andreé erstritt sich als erste Frau im Dom von Göteborg die Anstellung als Organistin. Die Engländerin Ethel Smyth (1858-1944) war eine aktive Kämpferin für das Frauenwahlrecht. Ihr „March of the Women“ wurde zur Hymne der Suffragetten-Bewegung. Der Chor mit Einbeziehung des Publikums verfehlte auch als Zugabe im Konzert seine Wirkung nicht. Ebenso offenbart Smyth‘ Finalsatz aus der Serenade in D-Dur Allegro con brio das kämpferische Element dieser in der Tradition des 19. Jahrhunderts ausgebildeten Komponistin. Die Tschechin Vítězslava Kaprálová (1915-1940) hatte bereits in jungen Jahren großen Erfolg. Ihre Suita Rustica op. 19 (1938) war ein Auftragswerk der Universal Edition London. Auch sie arbeitet mit volksmusikalischen Elementen östlicher Provenienz und verfremdet diese mit stark rhythmischen und dissonanten Komponenten. Kaprálová starb nur 25-jährig im Exil in Paris. Kaum erforscht bisher ist der in der Wiener Staatsbibliothek überlieferte Nachlass der Schönberg-Schülerin Vilma Weber von Webenau (1875-1953), deren Ouvertüre „Zum Goldenen Horn“ vermutlich erstmals in einem Konzert erklang. Wie Lichtblitze wandern kurze „espressivo“ überschriebene Motive durch das gesamte Orchester, weich gebettet auf großen Klangteppichen des Orchesters, harmonisch frei, aber nicht atonal.
Noch immer sind die Werke von Komponistinnen zu wenig bekannt. Dabei schlummern zahlreiche Schätze in den Archiven und warten darauf, entdeckt zu werden. Das FOP leistet Pionierarbeit für diese fast unerforschte Seite weiblicher Musikgeschichte.

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Resonanz zum FOP 2018 aus Publikum und Orchester

Hi Mary-Ellen,
Es klingt mir immer noch wie ein wohliges Fest nach, das FOP, deine wertschätzende Art , zu sein und Musik in all ihrer Liebe zu vermitteln und somit all die unsichtbaren Fäden zu den einzelnen Instrumenten leuchten zu lassen! Danke, es war wirklich großartig!
Schönen Tag D.W.

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Archiv Frau und Musik auf facebook:
„The March of the Women“ – Was für eine großartige Zugabe! Am Schluss konnte das gesamte Publikum mitsingen – was für eine Großartigkeit, dieses Werk in dieser Besetzung vor vollem Haus mit einer Dirigentin, Mary Ellen Kitchens – unserer Vorstandsmitfrau -, genießen zu können. Ein gelungenes Werkstattkonzert! Wir freuen uns total und sind schon sehr gespannt, welche tollen Werke für das FOP 2019 aufgeführt werden.“

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Liebe Beatrice,
nochmals vielen Dank für das großartige Wochenende, ich bin noch ganz beseelt und starte voller Musik in die Woche (aber bin auch ganz schön platt :-).
Viele Grüße K.S.

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Digitales Deutsches Frauenarchiv per mail:
„Es war berührend und großartig. Herzlichen Dank, dass ihr Musik von Frauen zum Klingen bringt und so ins kulturelle Gedächtnis zurückruft.“

Blabla

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Liebe Frauen,
so ein tolles temperamentvolles Werkkonzert schon lange nicht mehr gehört, bei dem die Begeisterung der Spielerinnen übergesprungen ist, vielen Dank dafür. Ich war zuvor Teilnehmerin der Gasthörerkarte, das war eine zusätzliche Bereicherung, auch in Vorbereitung auf das Konzert. Anschließend beim Kaffeetrinken kamen einige der Musizierenden auch und die Freude konnte man noch in den Gesichtern sehen und spüren.
Vielen Dank, bis zum nächsten Mal, bin schon jetzt gespannt welche Stücke ausgegraben werden, S.K.

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Munich International Choral Society per mail:
„Unsere gemeinsame Dirigentin – so vielseitig! Schön, wenn nicht nur Chöre singen, sondern auch Orchester.“

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Liebe Beatrice,
das war ein schönes Konzerterlebnis heute für mich! all diese engagierten unterschiedlichen tollen Frauen, jüngere und ältere… und sehr interessante Musik. Und Eure Dirigentin ist wirklich eine Wucht, sehr beeindruckend, auch in ihrer Art zu moderieren/kommentieren! – Und Du hast das natürlich wieder sehr schön gemacht, die Einleitung und alles, das ist ein guter Stil und angenehm mitgenommen fühlte man sich dabei! Sehr spannend das alles! Ich fand auch toll, dass so unterschiedliche Generationen von Frauen da im Raum waren – und ja auch einige nette Männer! toll! K.P.

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Liebe Beatrice, liebe Mary Ellen, liebe Gudrun,
ich möchte mich dafür bedanken, dass ich das FOP-Projekt mitwirken durfte! Das war eine sehr intensive Zeit, in der wir produktiv gearbeitet haben. Sogar mit viel Spaß!
Schön war es auch, gemeinsam mit den Musikerinnen aus verschiedenen Orten Zeit zu verbringen. Ich freue mich schon auf das nächste Projekt.
Beatrice und Gudrun, ihr habt alles super gut organisiert. Ihr habt euch immer entspannt, nie hektisch und sehr freundlich um uns gekümmert. Vielen Dank!
Mary Ellen, die Probe hat mir viel Spaß gemacht. Interessant war es vor allem, wie du uns die unbekannten Werke aus den wissenschaftlichen, musikalischen und historischen Aspekten näher gebracht hast. Schade, dass wir keine Gelegenheit mehr haben, an den Werken weiter zu arbeiten! Wie wir mal unterhalten haben, wäre die Wiederaufnahme von den Werken aus den vergangenen Projekten gar nicht schlecht.
Ich wünsche euch erstmal gute Erholung und weiterhin eine schöne Zeit bis zum nächsten Projekt!
Liebe Grüße N.F.

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Liebe Beatrice,
es war wunderwunderschön! Das Konzert diesmal war hinreißend! Deine Organisation und dein offenes Ohr für alle und jeden, deine klaren Ansagen, nie mehr als nötig und immer in so einem freundlichen Ton, einfach bewundernswert!
Ich fand diesmal die Stücke-Auswahl sehr gut, vier verschiedene Charaktere und alle interessant und eingängig.
Ich bin mit so viel Musik und Euphorie zurückgefahren, dass ich gar keine Lust zum (notwendigen) Alltag und der Vorbereitung für die nächste Woche hatte. Es hat mich noch mehr berührt, als letztes Jahr.
Herzliche Grüße und vielen vielen Dank! N.R.

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Liebe Beatrice, nochmal danke und Glückwünsche für das gelungene Projekt! Liebe Grüße, S.T.

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Und weitere Stimmen:

„Volles Haus! Es war wunderbar!“ ***** „Ich möchte mich dafür bedanken, dass ich das FOP-Projekt mitwirken durfte! Das war eine sehr intensive Zeit, in der wir produktiv gearbeitet haben. Sogar mit viel Spaß! ***** Schön war es auch, gemeinsam mit den Musikerinnen aus verschiedenen Orten Zeit zu verbringen. Ich freue mich schon auf das nächste Projekt.“ ***** „Ich war das zweite Mal beim FOP dabei und fand diesmal die Stücke-Auswahl sehr schön, alle vier Stücke waren wunderbar und auch gut spielbar.“ ***** „Es war wunderbar und ein interessantes Programm.“

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MEK: Nach dem Konzert kamen viele Personen auf mich zu – Eine sagte mir „You made my day!“ Sie meinte, sie wäre vor dem Konzert ganz schlecht drauf, danach jedoch froh und beglückt.

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Hallo, auf die facebook-seite habe ich jetzt übrigens auch endlich mal die videos vom letztjährigen konzert als link (auf mein google-album) eingestellt. damit das nicht den facebook-nutzerinnen exclusiv vorbehalten bleibt, fände ich es auch nett, es auf der website unterzubringen.  das ist der link. haben freundinnen von mir alles mitgefilmt. liebe grüße! isabella